Hormonersatztherapie (HRT)
04.05.20 - Aktualisiert 04.05.2020
Definitionen im Rahmen der Peri-/Postmenopause
- Perimenopause – Frauen mit unregelmäßigen Blutungen und ggf. mit vasomotorischen Symptomen.
- Postmenopause - Frauen, die mindestens ein Jahr lang keine Blutung hatten und keine Eingriffe haben/hatten, welche die Amenorrhoe verursachen könnten, wie z.B. hormonelle Verhütungsmittel, Endometriumresektion etc.
- Peri-/Postmenopause - hysterektomierte Frauen mit vasomotorischen Beschwerden
- Bei Frauen, die unter dem Einfluss einer HRT stehen (beispielsweise wegen einer Hypermenorrhoe), kann es schwierig sein, den Menopausenstatus zu bestimmen.
- vasomotorische Beschwerden (Hitzewallungen und Schweissausbrüche), die die Lebensqualität einschränken
- Urogenitale Atrophie: Eine vaginale ET kann eine Harninkontinenz bei postmenopausalen Frauen verbessern.
- Für lokale Östrogentherapie: rezidivierende Harnwegsinfekte
- Die Peri- und Postmenopause bei über 45-jährigen Frauen soll aufgrund der klinischen Parameter diagnostiziert werden.
- Eine Bestimmung des FSH zur Diagnose der Peri- und Postmenopause soll nur bei Frauen zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr mit klimakterischen Symptomen (z.B. Hitzewallungen, Zyklusveränderungen) sowie bei Frauen unter 40 Jahren mit Hinweisen auf vorzeitige Ovarialinsuffizienz erfolgen
- Aufklärung über physiologische Veränderungen und typische Symptome:
- vasomotorische Beschwerden (z.B. Hitzewallungen und Schweissausbrüche)
- Schlafstörungen
- Beeinträchtigung der Stimmung
- urogenitale Symptome (z.B. vaginale Trockenheit)
- sexuelle Probleme (z.B. verminderte Libido)
- Aufklärung über Behandlungsmöglichkeiten von Beschwerden
- hormonelle Behandlung (HRT)
- nicht-hormonelle Behandlung
- nicht-pharmakologische Interventionen
- Kardiovaskuläres Risiko abschätzen (Blutdruck, Noxen, Lipidbestimmung notwendig)
- Krebsrisiko, v.a. Brustkrebsrisiko abschätzen ( persönliche sowie familiäre Anamnese)
Breast Cancer Risk Assessment Tool
Grundzüge
- Lokal besser als systemisch
- Transdermal besser als oral
- Keine konjugierten Östrogene
- Gestagen: Progesteron oder Dydrogesteron
- Oder selektiv Partialwirkung ausschöpfen
- Monopräparate gezielt kombinieren
Präparate
Kombinierte Präparate sind für die sequenziell kombinierte EPT (scEPT) mit Einsatz bevorzugt in der Peri- und frühen Postmenopause und für die kontinuierlich kombinierte EPT (ccEPT) für postmenopausale Frauen eingeführt.
Für nicht hysterektomierte Frauen ist eine Östrogen/Gestagentherapie (EPT) die effektivste Behandlung vasomotorischer Beschwerden.
Bei hysterektomierten Frauen kann eine Monotherapie mit Östrogenen (ET) durchgeführt werden.
Die Gestagengabe in einer EPT kann zyklisch oder kontinuierlich erfolgen. Auf eine Mindestanwendungsdauer eines potenten Gestagens von 10 – 12 Tagen pro Behandlungsmonat ist zu achten.
Auf eine ausreichend Zufuhr von Vitamin D und Calcium über die Ernährung sollte geachtet werden!
Gestagene
ggf. selektiv Partialwirkung ausschöpfen:
z.B.:
- Libidoverlust: NETA-Pflaster
- Haarausfall: orale kombinierte HRT
- Schlafstörungen: schlafanstossend Progesteron oral zur Nacht ( Utrogestan 0-100-200)
Östrogene
- Estrifam 1 mg/Estradiol Fem 2 mg
- Estradot 25/37.5/50/75/100 µg/die/ Fem7
- Estreva Gel/Oestrogel
- Estring Vaginalring (7.5 µg/die) für 3 Monate
- Vagifem (Aufsättigung beachten)
- Ovestin/Orthogynest (Estriol, Aufsättigung beachten)
Kombinationspräparate
- Femoston/Femoston conti (0.5/1/2E2+2.5/5/10Dydrogesteron)
- Angeliq (1E2+2DRSP)
- Climen (1.53E2+zyklisch1CPA)
- Activelle (1E2+0.5NETA)
oder selbst zusammenstellen
- Östrogen-Gel + Utrogestan vaginal
- Östrogen-Gel + Duphaston oral
- Inkontinenz (oral)
- Harnwegsinfekt (oral)
- Kardiovaskuläre Risiken: Risikofaktoren vor Beginn einer HRT abklären und behandeln
- Thromboembolien unter oraler ET und EPT erhöht und höher als bei transdermaler Applikation
- cerebrovaskuläre Ereignisse: ischämische zerebrovaskuläre Ereignisse möglicherweise erhöht bei oraler EPT, nicht aber eine transdermale ET.
- Koronare Herzkrankheit (KHK): Prävention einer KHK ist keine Indikation für eine HRT
- Gallenerkrankungen: Risiko erhöht durch orale HRT, transdermale HRT mit nur leicht erhöhtem Risiko
- Demenz: unklare Datenlage ob HRT vor 65.Lebensjahr Demenzrisiko beeinflusst
- Brustkrebsrisiko: geringe oder keine Erhöhung durch HRT. Ausnahme: St.n. Mamma-Ca! Kontraindikation für HRT!
- Endometriumkarzinomrisiko: siehe HRT und Krebsrisiko!
- Ovarialkarzinomrisiko: HRT (ET und EPT) kann Risiko steigern
- Kolorektales Karzinom Risiko: HRT (ET und EPT) senkt Risiko
Kontraindikationen für HRT
- St.n. Mamma-Ca
- unklare Datenlage bei St.n. Endometriumkarzinom
- unklare Datenlage bei St.n. Ovarialkarzinom
- höhergradige Leberfunktionsstörungen
relative Kontraindikationen:
- Migräne (transdermale HRT bevorzugen)
- Raucher (wenn überhaupt nur transdermale HRT)
- Adipositas (keine orale HRT, besser transdermal)
- siehe auch Flowchart HRT
Beachte: Osteoporose bzw. Ostoeoporoseprophylaxe ist primär keine Indikation für den Beginn einer HRT! Aber:
- Die HRT kann Bestandteil einer Sequenztherapie bei Osteoporose sein.
- Eine HRT führt zu einer signifikanten Senkung des Risikos für osteoporose-assoziierte Frakturen.
- Der frakturreduzierende Einfluss einer HRT ist unabhängig von der Einnahmedauer (d.h. bereits nach einer kurzen, <1-jährigen Einnahme nachweisbar) und des Alters bei Therapiebeginn. Zusätzlich scheint der frakturreduzierende Effekt nach Beendigung einer HRT in geringerem Maße weiter zu bestehen.
- Kitteltaschenversion S3 Leitlinie Osteoporose
Beginn, Überwachung und Absetzen einer HRT
- Vorlaufskontrolle nach 3 Monaten, dann jährlich um die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Therapie zu überprüfen. Besonderes Augenmerk sollte hierbei auf neu aufgetretene Kontraindikationen gelegt werden.
- Frauen, die nicht hysterektomiert sind, soll erklärt werden, dass Blutungsstörungen unter einer HRT auftreten können, insbesondere in den ersten Monaten der Therapie.
- Bei Blutungsstörungen die nach über 3 Monaten auftreten: Abklärung siehe auch: postmenopausale Blutung
- Eine Anpassung der Therapie (Dosisveränderung, Umstellung auf eine andere Therapiemaßnahme etc.) kann im Verlauf der verschiedenen Phasen der Peri- und Postmenopause notwendig werden und muss individuell entschieden werden.
- Neueinstellung HRT über 60 Jahre nicht empfohlen
- bei Patientinnen über 60 Jahre möglichst Umstellung auf transdermale HRT
- Frauen sollen über die Bedeutung der empfohlenen Krebsfrüherkennungsuntersuchungen informiert werden.
- Unter lokaler ET soll keine routinemäßige Vaginalsonographie zur Messung der Endometriumdicke durchgeführt werden (siehe auch S3 Leitlinie Endometriumkarzinom)
Absetzen:
- Frauen sollten vor Beginn der Behandlung darauf hingewiesen werden, dass nach dem Absetzen der HRT vasomotorische Beschwerden wieder auftreten können.
- Für das Absetzen der HRT können zwei Optionen angeboten werden: sofortiges Absetzen oder allmähliches Ausschleichen.
- Nach allmählichem Ausschleichen treten die Symptome kurzfristig möglicherweise seltener wieder auf.
- Langfristig ist das Wiederauftreten von Symptomen unabhängig davon, ob die Hormone langsam oder plötzlich abgesetzt werden.
- Peri- und Postmenopause Diagnostik und Interventionen S3 Leitlinie AWMF (2020)
- Schaudig, Schwenkhage (2016 und 2017): Curriculum Menopause Teil 1 und 2
- Schaudig, Schwenkhage (2017) GyntoGo, klimakterische Beschwerden bei Kontraindikation
Autor: A.Vidal
Autorisiert: C. Dhakal
Version: VI 08.04.2020
Gültig bis: 31.12.2021