Knochengesundheit unter endokriner Therapie
Inhaltsverzeichnis- Bisphoshonate und Denosumab
- Grundlagen
- Dosierung
- Nebenwirkung und Toxizitäten
- Rebound Effekt mit multiplen Wirbelbrüchen nach Beendigung der Denosumab-Therapie
- Interne praktische Umsetzung
- Bridging nach Absetzen von Denosumab
- Alternative Optionen mit positivem Einfluss auf die Knochendichte
- Anhänge
Bisphoshonate und Denosumab
Grundlagen
Substanzen zur Behandlung metabolischer Knochenerkrankungen. Senologisch relevante Indikationen umfassen die Therapie osteolytischer Knochenmentastasen des Mammakarzinoms sowie die postmenopausale und Aromatasehemmer-induzierte Osteoporose.
Wirkweise über Reduktion des Knochenumsatzes und überproportionale Abnahme der Knochenresorption im Vergleich zur Abnahme der Knochenneubildung, aus der Ein Nettozuwachs der Knochenmasse resultiert.
Bisphosphonate
Starke Affinität zum Hydroxyapatit des Knochens.
Inaktivierung von Osteoklasten und Verkürzung deren Lebensdauer.
Schlechte Resorption, Bioverfügbarkeit bei oraler Gabe substanzabhängig 0.5-10%. Weitere drastische Reduktion durch gleichzeitige Aufnahme von Nahrung oder Getränken (ausser Leitungswasser). Renale Elimination.
Denosumab
Humaner monoklonaler Antikörper, der im Knochenstoffwechsel die Effekte von Osteoprotegerin (OPG) imitiert.
Mit hoher Affinität Bindung an RANKL, ein durch Osteoblasten gebildetes Protein, welches durch Steuerung der Signalübertragung zu den Osteokalsten einen primären Mediator des Knochenabbaus darstellt. Durch Bindung des Rezeptors RANK an RANKL wird die Osteoklastenaktivität erhöht. Durch die Bindung von OPG an RANKL wird dessen Interaktion mit RANK blockiert, was die Steuerung der Intensität und Dauer der Osteoklastenfunktion ermöglicht.
Denosumab hemmt die Osteoklasten-Aktivität stärker als die meisten Bisphosphonate. Unter Langzeitbehandlung tritt so ein anhaltender Anstieg der Knochendichte auf. Im FREEDOM-Trial wurde ein Anstieg der Knochendichte nach 10 Jahren von 21% an der LWS und 9% im Hüftbereich nachgewiesen. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu den Bisphosphonaten, bei denen die Knochendichte nach 5 Jahren nicht mehr weiter ansteigt.
Antitumorwirkung
In Studien (z.B. ABCSG 18) konnte für postmenopausale Frauen unter der Therapie mit Aromatashemmern bei hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom ein signifikanter Einfluss der Gabe von Denosumab auf das krankheitsfreie Überleben gezeigt werden.
Dosierung
Bisphosphonate
Nicht-Aminobisphosphonate
Clodronat p.o. 1600 mg/Tag (Bonefos®)
Aminobisphosphonate
Zoledronat i.v. 4 mg/ 6 Monate (Zometa®)
Ibandronat p.o. 50 mg/ Tag (Bondronat®)
Pamidronat i.v.
Risedronat p.o. 35 mg/ Woche (Actonel®)
Alendronat p.o. 70 mg/ Woche (Fosamax®)
Denosumab
Denosumab s.c. 60 mg/ 6 Monate (Prolia®)
Denosumab s.c. 120 mg/ Monat (Xgeva®)
Zulassung in der Schweiz (senologisch relevant)
Clodronat, Zoledronat, Ibandronat, Pamidronat: Behandlung von Knochenmetastasen
Risedronat: Behandlung der Osteoporose
Alendronat: Behandlung der Osteoporose, Osteoporose-Prophylaxe unter Glukokortikoid-Einnahme
Xgeva: Behandlung von Knochenmetastasen
Prolia: Behandlung der Osteoporose in der Postmenopause, Begleitbehandlung zur Prävention des Knochenmasseverlusts bei Brustkrebspatientinnen unter endokriner Therapie, Behandlung von Knochenmetastasen
Behandlungsdauer
Die optimale Behandlungsdauer einer adjuvanten Gabe von BP und D muss noch definiert werden. In Studien üblicherweise 2-5 Jahre.
Nebenwirkung und Toxizitäten
- Nierenfunktionsstörungen (iv. Amino-BP)
- Kieferosteonekrose (ONJ)
- iv. Bisphosphonate 1.3%
- Denosumab 1.8%
- Hypokalzämie (Denosumab > BP)
- Akute Phase-Reaktion 10-30%
- gastrointestinale Nebenwirkungen (orale BP) 2-10%
- atypische Femurfrakturen (absolutes Risiko 11/100.000 Personenjahre mit BP)
- Rebound Effekt mit multiplen Wirbekbrüchen nach Therapieende (Denosumab)
Kieferosteonekrose (ONJ)
avaskuläre Kieferknochennekrose
Ursache noch unklar, vermutlich durch Interaktion mit Knochenstoffwechsel, dentoalveoläre Traumen und infektiöse Einflüsse bedingt
Auftreten zu 2/3 im Unterkiefer und 1/3 im Oberkiefer
Prävention
- Zahnsanierung vor Therapiestart
- Vermeidung elektiver Zahnbehandlungen mit Manipulation am Kieferknochen (ggf. Antibioseprophylaxe (CoAmoxicillin, Clindamycin, Metronidazol))
- Vermeidung von Zahneingriffen 6-8 Wochen nach Gabe von BP oder D
- Vermeidung von chronischen Druckstellen bei Prothesenträgern
- Information der Patientin und Instruktion über Frühsymptome (Druckgefühl, dumpfer Schmerz im Kiefer)
- bei hohem Risiko Anwendung oraler Bisphosphonate
- gute Zahnhygiene
- Nikotinverzicht
- allenfalls mässiger Alkoholkonsum
Rebound Effekt mit multiplen Wirbelbrüchen nach Beendigung der Denosumab-Therapie
Grundlage
Im Gegensatz zu den Bisphosphonaten, die sich über Jahre hinweg in der Knochensubstanz anreichern, wird Denosumab innerhalb von 5-6 Monaten im Knochen abgebaut. Nach 6-7 Monaten kommt es zu einem starken Wiederanstieg der Osteoklastenaktivität, welcher dadurch erklärt werden kann, dass Denosumab nicht nur die reifen Osteoklasten sondern auch deren Vorstufen blockiert. Nach Abbau von Denosumab werden auch alle noch nicht ausgereiften Osteoklasten aktiviert, woraus ein stark gesteigerter Knochendichteverlust möglicherweise bis unter das Niveau bei Behandlungsbeginn mit in dieser Phase auch erhöhtem Risiko für Frakturen - dokumentiert sind vor allem spontane Wirbelkörperfrakturen - resultiert.
Fallserien beschreiben multiple Wirbelkörperfrakturen (MWF) 9-16 Monate nach Absetzen der antiresorptiven Therapie mit Denosumab.
Geschätzte Häufigkeit: <1%
Massnahmen
- genaues Einhalten der Halbjahresintervalle
- Vermeidung längerer Applikationslücken
- regelmässige Nachkontrollen nach Therapieende
- Knochenversiegelung "Bridging" durch Umstellung auf alternative antiresorptive Therapie (Bisphosphonat)
Interne praktische Umsetzung
Einleitung der endokrinen Therapie mit einem Aromatasehemmer erfordert:
Erhebung aktuelle Medikamenten-Anamnese, insbesondere Abfrage der Parameter
- bereits bestehende Supplementierung von Calcium und/oder Vitamin D
- bereits bestehende Osteoporose-Therapie
Evaluation von Risikofaktoren für eine Osteoporose
- Nikotin
- Alkohol
- Inaktivität
- Untergewicht (BMI < 20)
- Therapie mit Glukokortikoiden
- Diabetes mellitus Typ 1
- stattgehabte osteoporose-typische oder osteoporotische Frakturen
Therapie-Einleitung
- Information der Patientin über das Risiko des Knochenmasseverlusts unter der Therapie mit dem Aromatasehemmer (Reduktion der Knochenmasse um 1-3% pro Jahr)
- Start der Supplementierung von Kalzium und Vitamin D (Standard BZ: Kalcipos D3 500/800 Filmtbl.) mit dem Beginn der endokrinen Therapie
- Bestimmung Spiegel Calcium und Vitamin D3 jährlich ab Start der Aromatasehemmer-Behandlung
Empfehlung/ Durchführung einer Knochendichtemessung mittels DEXA-Scan (CAVE: keine obligate Pflichtleistung der Krankenkassen, Untersuchungskosten ca. 150 CHF); anschliessende Re-Evaluation:
- normale Knochendichte: Kontrolle nach Ende der AI-Therapie oder ggf. nach 2 Jahren
- Osteopenie: Kontrolle der Knochendichte nach 2 Jahren
- Osteoporose: Start eines iv oder oralen Bisphosphonates oder Denosumab (nach Möglichkeit durch den Hausarzt)
Abgabe Infoblatt für den Zahnarzt und Rat zum Zahnarztbesuch
Bridging nach Absetzen von Denosumab
Massnahme ist unbedingt erforderlich zur Verhinderung eines relevanten Knochenmasseverlusts
- Option 1: Zoledronat iv. (Aclasta®) 5mg 1x/ Jahr 1-2 Gaben
- Option 2: Alendronat po. (Fosamax®) 70mg/ Woche 1-2 Jahre
CAVE:
Kostengutsprachegesuch für beide Anschlussbehandlungen nötig, da keine Pflichtleistung der Krankenkasse
Listenpreis: 1 Jahr Zoledronat 307 CHF
1 Jahr Alendronat 292 CHF
bei Ablehnung der Krankenkasse:
Off Label Option: 1 Jahr Zoledronat 4mg 130 CHF (Zulassung für Knochenmetastasen und multiples Myelom)
Alternative Optionen mit positivem Einfluss auf die Knochendichte
- regelmässige körperliche Aktivität, Sport
- Vermeidung längerer Immobilisation
- Kalzium (1000-1500 mg/ Tag)
- Vitamin D (800/2000 U/ Tag)
- Nikotinverzicht
- allenfalls mässiger Alkoholkonsum
- Vermeidung von Untergewicht (BMI < 20 kg/m²)
Anhänge
Leitlinie Osteoporose des DVO - Kitteltaschenversion
Kostengutsprachegesuch Bridging-Therapie
Autor: K. Schwedler
Autorisiert: K. Schwedler
Version: 22.10.2017
Gültig bis: 31.12.2018