Stumpfes Abdominaltrauma in der Schwangerschaft
Inhaltsverzeichnis- Sturz
- Autounfall: inkorrektes oder fehlendes Anlegen des Sicherheitsgurtes ist grösstes Risiko für schlechtes Outcome. Korrektes Anlegen des Sicherheitsgurtes: Uterus "aussparen" verhindert Uteruskontusion
- (Häusliche) Gewalt
- Maternale Verletzung
- Plazentalösung, Blasensprung, Uterusruptur
- Fetale Verletzung sehr selten: Frakturen, Schädelhirntrauma (z.B. bei maternaler Beckenfraktur)
Risiken
- Sofort, aber auch nach Stunden (bis Tagen) möglich
- Höheres Risiko bei Vorderwandplazenta
- Auch nach Minimaltrauma (< 2%) möglich
Klinik
- vaginale Blutung (nicht immer)
- schmerzhafte Kontraktionen, Dauerkontraktion
- fehlende / abnehmende Kindsbewegungen
- Brettharter Uterus
- Druckempfindlicher Uterus
CTG
- Tachykardie
- Bradykardie
- Dezelerationen
- Variabilitätsverlust (<5 bpm)
- sinusoidales Muster
Ultraschall
- Retroplacentares / Retroamniales Hämatom: häufig nicht zu erkennen,
Sensitivität 24 %
- Doppler: erhöhte Vmax der A. cerebri media
- IUFT
Labor
- Fetales Hämoglobin (HbF) in mütterlichen Blut: Nachweis einer feto-maternalen
Transfusion
- Anämie, Gerinnung (Quick, apTT, Fibrinogen) mit Zeichen einer Verbrauchskoagulopathie (erniedrigtes Fibrinogen < 2 g/L), Thrombozytopenie
Schweres Trauma
- Eintritt über Schockraum
- Höchste Priorität: kardiopulmonale Stabilisierung der Mutter
- Falls > 24 SSW Vena-cava-Syndrom vorbeugen: linke Halbseitenlage (Keil)
- Info Neonatologie
- CTG: So schnell wie möglich, wenn die Mutter stabil ist
- Grobkursorische Untersuchung zusammen mit dem Schockraum-Team: Zeichen eines Schädelhirntraumas, Hinweis auf Leber-, Milz-, Uterusruptur: Oberbauchschmerzen, Flüssigkeit im Morrison Pouch), brettharter Uterus, vaginale Blutung, ferner: Frakturen, Prellmarken (Gurt)
- Ultraschall (steht im Schockraum zur Verfügung): EFAST (extended focused assessment with sonography in trauma): Hämoperitoneum, Pericarderguss, Pneumothorax, perisplenischer Raum zusammen mit dem Schockraum-Team
Bei Zuruf in den Schockraum:
- Team Gebs: Dienst-OA, Dienst-AA, Hebamme gehen mit
- CTG wird von Hebamme mitgebracht, falls nicht verfügbar als Notlösung Dopton
Leichteres Trauma
Beispiele für ambulantes Management: Leichter Stoss durch Kleinkind in den Bauch, Sturz auf Gesäss oder Knie ohne Bauchbeteiligung
Beispiele für Hospitalisationsbedarf: Beispiel Sturz vom Velo auf Flanke oder Bauch, Schlag durch erwachsene Person in den Bauch, Autounfall, besonders mit Airbag
- Eintritt über Gebärsaal
- Wenn die mütterliche Gefährdung nicht im Vordergrund steht (kardiopulmonal stabil): CTG sofort bei Eintritt, grobkursorische Untersuchung der Schwangeren, Ultraschall: freier intraabdominaler Flüssigkeit, retroplazentares o. –amniales Hämatom, Fruchtwasser, biophys. Profil, Doppler v maxarteria cerebri media
Labor und Anti-D-Gabe
- Hg1, Gerinnung mit Fibrinogen, HbF (=Kleihauer-Betke-Test)
- falls Mutter Rhesus negativ: Antikörper-Suchtest und anschliessend Gabe 300 μg Rhophylac
- Falls HbF erhöht (>0.2%)→ Bei feto-maternaler Makrotransfusion wird die Dosierung gemäss dem im Kleihauer-Betke Test ermittelten Ausmass der Transfusion bestimmt:
- Faustregel: Anteil % HbF im Kleihauer-Test x 50 = transfundiertes Blut in mL
- 10 µg Rhophylac pro 1 mL Rh-positiven fetalen Blutes
- 300 µg reichen aus, um 12–15 mL fetale Erythrozyten (entsprechen 24–30 mL fetalen Blutes) zu neutralisieren.
- Bei feto-maternaler Transfusion > 30 mL muss die Anti-D-Dosis angepasst bzw erhöht werden
- CAVE: Das fetale Blutvolumen beträgt ca. 100 mL/kg KG. Feto-maternale Transfusionen, die 20 mL/kg KG übersteigen, sind mit einem ungünstigen Outcome assoziiert.
Mendez-Figueroa H, 2013, AJOG
Muench M, 2007, Obstet Gynecol Clin N Am
Brown S, 2013, Obstet Gynecol Clin N Am
HbF: fetales Hämoglobin in mütterlichem Blut
bpm: beats per minute
EFAST: extended focused assessment with sonography in trauma
Autor: I. Fellmann Fischer, I. Fähnle-Schiegg, A. Winkler
Autorisiert: A. Winkler
Aktualisiert: V. Uerlings
Version: 26.11.2022
Gültig bis: 31.12.2024