Diabetes: Intrapartales Insulin- und Glukosemanagement und diabetologische Notfälle
- Zweck und Prinzip
- Allgemeines Diabetes mellitus Typ 1
- Allgemeines Diabetes mellitus Typ 2 / GDM mit Insulintherapie
- Glukose-/Insulinbedarf während Geburtsphasen und nach Diabetestyp
- Monitoring unter der Geburt bei insulinpflichtigem DM
- Pumpenträgerinnen
- Hypoglykämie
- Diabetische Ketoazidose
- Telefonkontakte Notfall
Zweck und Prinzip
Die folgenden Ausführungen gelten für Frauen mit einem Diabetes mellitus Typ 1 (T1DM), Diabetes mellitus Typ 2 (T2DM) und insulinbehandeltem Gestationsdiabetes (GDM) während und unmittelbar nach Geburt sowie für diabetologische Notfälle.
Allgemeines Diabetes mellitus Typ 1
- absoluter Insulinmangel, d.h. keine endogene Insulinproduktion
- in der Regel und im Vergleich zum T2DM/GDM keine ausgeprägte Insulinresistenz
- höheres Risiko für Hypoglykämien, höheres Risiko für Ketoazidose
- brauchen bei evtl. längerer Nüchternphase G5%-Infusion zur Vermeidung einer Ketoazidose
Geburt:
- Basisinsuline (Lantus®/Levemir®) oder die Insulinpumpe dürfen sub partu und postpartal nie ganz gestoppt werden
- Insulinbedarf fällt nach Geburt der Plazenta deutlich auf 30-50% der ursprünglichen Menge, Insulin muss reduziert, darf aber nicht gestoppt werden
Allgemeines Diabetes mellitus Typ 2 / GDM mit Insulintherapie
- relativer Insulinmangel, in der Regel keine Gefahr der Ketoazidose
- Insulinresistenz (häufig höhere Insulinmengen als beim Typ 1 Diabetes)
Geburt:
- Insulinresistenz nach Geburt der Plazenta deutlich reduziert. In der Regel keine Insulinbedürftigkeit postpartal.
- i.v.-Insulintherapie: Indiziert in der Regel, wenn der BZ über 7 mmol/l ansteigt und erhöht bleibt (nicht nur postprandial)
- Besonders in der EP und AP wegen der Steuerbarkeit keine schnellwirksamen Insuline s.c., sondern eher i.v.-Gabe
- unter i.v.-Insulintherapie: BZ alle 45-60 Minuten kapillar
- Werte über 10 mmol/l sollen durch venöse Blutentnahme bestätigt werden
- 5 IE Actrapid in 50 ml NaCl 0.9%. Die Infusion liefert 0.1 IE/ml oder 1 IE/10ml
Pumpenträgerinnen
- Pumpentherapie: Management durch Schwangere selbst und Diabetologie. Falls nicht möglich: i.v.-Insulin
- Pumpenkatheter soll am Oberschenkel oder Flankenbereich frisch gelegt werden (nicht am Bauch wegen Möglichkeit der Sectio)
- Ggf. temporäre Reduktion der Basalrate bei Beginn der Latenzphase auf 40-50% (je nach BZ-Werten)
- nach Geburt der Plazenta muss die Basalrate zwingend immer auf 30-50% reduziert werden (in der Regel drastische Reduktion des Insulinbedarfes und Hypoglykämiegefahr), engmaschige BZ-Kontrollen notwendig
- Tel Diabetologie (über Zentrale 1111 oder OA Intensivmedizin 4422) wenn Pat. nicht mehr fähig ist unter der Geburt die Pumpe selbst zu kontrollieren
Hypoglykämie
- Risikosituation: postpartal bei T1DM, bei GDM nur nach Insulingabe
- Symptomatik: Schwäche, Benommenheit, Sehstörung, Sprechstörung, Kopfschmerzen, Übelkeit, Hunger, Zittern, Kribbeln, Angst
- Therapie:
- BZ 2,5 - 4 mmol: 4 Stück Traubenzucker oder 100 ml CocaCola oder 3 Stück Würfelzucker
- BZ unter 2,5 mmol: 8 Stück Traubenzucker oder 200 ml CocaCola oder 6 Stück Würfelzucker
- i.v. 15 g Glukose = 3 Ampullen G50% à 10 ml als rasche Kurzinfusion, Wechsel auf 0.9% NaCl wenn BZ>8 mmol/l
Diabetische Ketoazidose
- Risikosituation: Vergessen der Insulingabe, Malcompliance, erhöhter Insulinbedarf durch Lungenreifeinduktion, Infektion, Stress, Pumpendedekt
- Symptomatik: Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Polyurie, Durst, Dehydrierung, Schwäche. Bei schwerer Ketoazidose: Verwirrung, Bewusstseinstrübung, Stupor, Koma. Eventuell Kussmaul-Atmung, eventuell mit Acetongeruch und Exsikkose, metabolische Azidose in BGA
- Messung der Blutketone (Hydroxybuttersäure) beweisend, aber nicht immer sofort verfügbar. Urinketone treten mit einer zeitlichen Latenz von 1 Stunde auf.
- Pathophysiologie: Insulinmangel → unzureichende Glucoseaufnahme in die Zellen → erhöhter Fettabbau → erhöhte Ketonkörper und organische Säuren im Blut
- Therapie: Insulin-, Flüssigkeits- und Kaliumzufuhr in Absprache mit Diabetologie und Intensivmedizin
Telefonkontakte Notfall
Dienstarzt Diabetologie: über Telefonzentrale 1111
Oberarzt Intensivmedizin: Tel. 4422
Autor: S. Fischli, A. Winkler
Visum: A. Winkler
Version: 01.09.2016
Gültig bis 30.06.2021