Dammriss Grad III-IV - Geburtsleitung bei St. n. höhergradigem Dammriss
VoHL Vorderhauptslage
hiHHL hintere Hinterhauptslage
vHHL vordere Hinterhauptslage
Betrifft
Alle Schwangeren an der FKL mit Status nach DR III° oder IV° bei einer vorangehenden Geburt
Ziel
- Vermeidung eines erneuten höhergradigen Dammrisses
- Kontinenzerhaltung
- Verminderung eines Geburtstraumas
Risiken nach vaginalem Partus mit DR III° oder IV°
- Risiko einer erneuten Verletzung des Sphinkter ani um Faktor 0-7 erhöht, aber 95% ohne erneuten DR lll / iV
- Risiko einer erneuten Verletzung des Sphinkter ani stark abhängig vom
- Kindsgewicht (RF = SG > 4000gr)
- Risiko einer persistierenden Stuhlinkontinenz bei erneuter vaginaler Entbindung in Kurzzeitbeobachtungen erhöht, langfristig jedoch kein signifikanter Unterschied: Datenlage kontrovers
Generelle Risikofaktoren für das Auftreten eines DR III° oder IV°
- Forceps- oder Vakuumentbindung
- Mediane Episiotomie
- VoHL, hiHHL
- Makrosomie (Geburtsgewicht > 4000 g)
- Protrahierte AP
- Schulterdystokie
- Geburtseinleitung
- PDA
- Nulliparität
- St.n. FGM (Diskussion: vorher chirurgische Korrektur)
- Kristeller/Fundusdruck
- Geburt in Steinschnittlage oder tief hockender Position
Notwendige Abklärungen präpartal
- Wunsch der Schwangeren nach Entbindungsmodus dokumentieren
- Anamnese auf Beschwerden (Schmerzen / Dyspareunie / gestörtes Sexualleben / Harn-, Stuhl-,Wind-Inkontinenz / imperativer Stuhldrang / psych. Trauma)
- Alten Geburtsbericht einsehen, Gründe für höhergradigen DR ersichtlich?
- Bei Beschwerden obligat: Inspektion mit OA: Narbenstrukturen / kosmetisches Ergebnis?
- Befund allfällig vorhandener Ano-/Urodynamik / Manometrie / Sonographie etc. einsehen
- Allgemein: auf Risikofaktoren eines DR III oder IV prüfen
Aufklärungsgespräch präpartal
- Immer Option einer Sectio thematisieren
- Vor- und Nachteile vaginaler Partus vs. I° Sectio kritisch diskutieren
- Problematik eines erneuten höhergradigen DR
- Keine generelle Empfehlung, aber allenfalls situativ Notwendigkeit einer mediolateralen Episiotomie erläutern (Indikationen s. unten)
Sectio anbieten bei folgenden Situationen
- Persistierender Stuhlinkontinenz
- ggf. prolongierte symptomat. Sphincterrekonvaleszenz nach DR°III/°IV
- reduzierte Sphincterfunktion
- Pathologischer Anodynamikbefund: (sonographische Sphincterlücke von > einem Quadranten)
- starke Symptomatik / Schmerzhaftigkeit
- LGA / rel. Makrosomie Schätzgewicht > 4000gr (Sono OA!)
- St.n. sekundärem Sphinkterrepair
- St. n. 2x DR III: Risiko für einen erneuten höhergradigen Dammriss, um das 10-fache erhöht: individuelle Entscheidung, aber eher Sectio empfehlen
- KEINE mediane oder laterale Epi!
- KEINE prophylaktische Episiotomie
- KEINE Ausbildungssituation
- Diplomierte Hebamme leitet, OA immer dabei
- Vaginal-operative Entbindung oder Entbindung aus dorsoposteriorer Einstellung möglichst vermeiden. Wenn, dann Zug nur bis zum Durchschneiden des Köpfchens. Entfernung der Glocke beim Druchschneiden.
- Episiotomie nur, wenn situativ nötig (z.B. narbiger, hoher Damm; bei Ein-/Durchschneiden des Köpfchens Platzproblem zu erkennen)
- Falls Episiotomie notwendig: Ausschliesslich mediolateral
- Entbindung nicht in hockender Geburtsposition
- Unterstützende Massnahmen; Entbindung in Halb-SL. Pressen zum Kopfdurchtritt ausserhalb der Wehe (Erfahrungswerte, keine wissenschaftl. Evidenz)
- Langsamer Kopfdurchtritt
-
Bei bereits präpartal persistierenden oder postpartal auftretenden Inkontinenzsymptomen
- 6-8 Wochen postpartal Vorstellung im Beckenbodenzentrum organisieren
AWMF-Leitlinie 015/079: Management bei Dammrissen III und IV Grades nach vaginaler Geburt, überarbeitete noch nicht veröffentlichte Version 12/2020
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Third- and Fourth-degree Perineal Tears, Management RCOG Green-top Guideline No. 29
Autor: J. Kohl
Aktualisiert: V. Uerlings
Autorisiert: M. Hodel
Erstellt: 28.12.2015, Version: 11.2021
Gültig bis: 31.12.2024