CMV Screening - Step 1
19.06.23 - Tip zum Verordnen Avidität eingefügt, JKO
30.04.23 - Immer noch Version 1, layout, JKO
30.04.23 - CMV Step 1, 1. Version, frei zugänglich, nur layout, JKO
- Zweck, Prinzip
- Primäre Prävention
- Serologische Diagnose einer Primärinfektion
- Prinzipien Screening
- Aufklärungsinhalte
- Pitfalls Interpretation
- Serologie Step 1 / Basis
- Interpretation Serologie Step 1 / Basis
- Serologie Step 2
- Kosten
- Literatur
Zweck, Prinzip
Dieser obsgyn-wiki-Eintrag regelt das Vorgehen zur CMV-Serologie im 1. Trimester im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge an der FKL
Auftrag gemäss Expertenbrief No 73 der SGGG: «Alle Frauen sollten so früh wie möglich, idealerweise noch vor Eintreten einer Schwangerschaft, über die Risiken einer CMV-Infektion während der Schwangerschaft und über die Möglichkeit, den CMV-Serostatus zu bestimmen, informiert werden. Dies gilt insbesondere für Frauen mit erhöhtem Expositionsrisiko.»
Das bedeutet: KEIN generelles Screening. Jedoch Aufklärung und Angebot an alle Schwangere.
Primäre Prävention
Der beste Schutz vor einer CMV-Primoinfektion in der Schwangerschaft sind allgemeine Hygienemassnahmen, über die die Schwangere (im LUKIS dokumentiert) aufgeklärt werden müssen.
Hygieneempfehlungen
- obligater Inhalt der Schwangerenberatung im 1. Trimenon
- abzugeben unabhängig vom mütterlichen Serostatus, da eine stattgefundene CMV-Infektion keinen 100%igen Schutz des Kindes bietet
- Besprechung auch praekonzeptionell bei Kinderwunsch
Serologische Diagnose einer Primärinfektion
- Nachgewiesene Serokonversion von IgG oder
- Kombination aus IgM pos, IgG pos, tiefer Avidität
- unklare Befundlage: Besprechung mit Fetomaternalmediziner
Erweiterte Kriterien aus der S2k-Leitlinie der AWMF
- Nachweis einer CMV-IgG-Serokonversion. Dies erfordert idealerweise die Verfügbarkeit von sequentiell abgenommenen Blutproben, wovon die initiale Probe CMV-IgG negativ sein muss. Liegt eine archivierte Serumprobe aus der Vorphase vor, so sollte diese für den Nachweis der Serokonversion eingesetzt werden.
- Nachweis von niederem CMV-IgG, nieder-avidem CMV-IgG in Kombination mit positivem CMV-IgM-Werten oder erhöhten CMV-IgM Indices (Sample/cut-off Index > 1,0). Um Fehlinterpretationen auszuschließen, sollte jeder positive Nachweis einer CMV-Primärinfektion in der Schwangerschaft mit niederem CMV-IgG, niederer CMV-IgG Avidität und IgM-Nachweis im Ligandenassay durch ein Immunblot-Verfahren bestätigt werden.
- Fehlender Nachweis von Antikörpern gegen das CMV-Glykoprotein B (Anti-gB2-IgG mittels Immunblot) in Kombination mit nieder-avidem CMV-IgG und/ oder hoch positivem CMV-IgG
(Anm.: Glykoprotein-B («Spätprotein») beschreibt eine Untereinheit der CMV-Antigene, gegen welche bei sehr frischer Infektion noch keine IgG vorhanden sind)
Prinzipien Screening
- Jede im Haus betreute Schwangere wird so früh als möglich = bei erster Schwangerschaftskontrolle oder bei erster Kontrolle an der FKL bis 14 SSW über die Option eines CMV-Screenings aufgeklärt.
- Aufklärung mündlich, im LUKIS in Notiz dokumentiert.
- Insbesondere wichtig bei Risikogruppen:
- Mütter von Kleinkindern (Ein Kleinkind daheim zu haben ist der grösste Risikofaktor für CMV!)
- Immunsupprimierte Schwangere
- Arbeit mit Kindern (Krippen, Gesundheitsambulatorien)
- Zeitpunkt: Frühschwangerschaft / im 1. Trimester, nicht später als 14. SSW
- Bei Verzicht auf Screening: jede an der FKL betreute Schwangere soll bei Erstkontakt bis zum Ende des 1. Trimesters eine Serothek angelegt bekommen (Verordnung „Serothek“ in LUKIS). Zweck: im Falle einer späteren auffälligen Serologie kann auf einen Verlauf zurückgegriffen werden.
- In jedem Zweifelsfall wird nach einer intern oder extern vorliegenden Serothek oder nach einem historischen CMV-Befund gefahndet!
- Bei unklarer Serologie: Im Zweifel wie CMV-Primoinfekt behandeln!
Aufklärungsinhalte
- CMV für Mütter im Normalfall ungefährlich, eine Erstinfektion der Mutter in früher Schwangerschaft mit vertikaler Transmission kann aber selten eine kindliche Erkrankung bewirken
- Ca. 50% der Schwangeren in der Schweiz dürften IgG-positiv sein.
- Bei seropositiver Mutter existiert nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit einer kindlichen Erkrankung (per Reaktivierung oder Reinfektion).
- In 75% laufen die Erstinfektionen asymptomatisch ab, allfällige Symptome sind nicht spezifisch.
- Nutzen einer CMV-Serologie in der Frühschwangerschaft
- kann eine frische oder kürzlich abgelaufene Primärinfektion erkennen
- in dieser Situation gibt es eine Therapieoption, welche das kindliche outcome verbessern kann
- Problematik einer CMV-Serologie in der Frühschwangerschaft
- es gibt einen niedrigen Anteil unklarer Befunde (IgM pos. in ca. 3% der Fälle)
- falsch positive und falsch negative Befunde sind möglich.
- weitere Diagnostik (Serologie / PCR) kann notwendig werden, bis klar ist, ob es sich um eine Primärinfektion handelt
- bei den Therapieoptionen handelt es sich nicht um Standardtherapien, sondern um Therapieansätze, die auf Studien mit niedriger Fallzahl beruhen – auch wenn die Ergebnisse teils sehr ermutigend sind
Pitfalls Interpretation
- Verglichen werden sollten nur Befunde von Serologien, die sequenziell im gleichen Labor durchgeführt wurden (kein Vergleich Serologie von Labor A mit Serologie von Labor B)
- Es ist unklar, ob die Avidität per Blot oder per Immunoassay besser bestimmbar ist
- IgM ist wenig sensitiv, ist auch bei unspezifischen Reaktionen erhöht
- IgM hat eine mögliche monatelange Persistenz nach Primoinfektion oder ist erhöht bei Reaktivierung einer latenten CMV.
- Negatives IgM schliesst eine Primoinfektion nicht ganz sicher aus.
- Der prognostische Wert einer hohen IgG Avidität vermindert sich mit zunehmendem Schwangerschaftsalter.
- Primoinfektionen zeigen in seltenen Fällen einen raschen Anstieg der Avidität bzw. eine rasche Negativierung von IgM und können somit verpasst werden.
- Sehr niedrige bzw. grenzwertige IgG-Spiegel können zu einer falsch hohen Avidität führen.
- 6% der Primoinfektionen zeigen: IgG pos, IgM pos., hohe IgG-Avidität. Daher zusätzlicher diagnostischer Gewinn per Blot und Markerprofil möglich.
- Cave Markerprofil: auch bei länger zurückliegender CMV-Infektion ist bei 18% der seropositiven Individuen anti-gB-IgG nicht nachweisbar.
Merke: Dieser Eintrag ist nur eine Interpretationshilfe.
Mit Fetomaternalmediziner = Hintergrund Ultraschall sind obligat zu besprechen:
- alle positiven IgMs
- alle unklaren Befunde
Serologie Step 1 / Basis
CMV IgG und IgM, Bestimmung im Labor LUKS
Reminder:
- Falls keine Serologie gewünscht wird: Serologie anlegen
- Wenn (nur wenn!) Avidität gebraucht wird: im LUKIS Nachverordnen, Probe für Nachbestellung anklicken, im Freitextfeld "Welche Probe - Kommentar" eingeben "Avidität aus Probe vom xx.xx.xx")
Interpretation Serologie Step 1 / Basis
Serologie Step 2
- Optional bei IgG pos und IgM pos. und/oder unklarer Befundlage
- Nur nach RSP Fetomaternalmediziner und im Einzelfall
- Bestimmung von CMV-IgG, -IgM und IgG-Avidität mit Alternativverfahren
=> Link obsgyn-wiki.ch CMV-Screening Step 2
Anm.: wegen der spezifischen Auswertung im geschützten Bereich
Kosten
Step 1
CMV IgG 13.7 und IgM 22.5 TP = 50 TP = total ca. 36.20, Auftragstaxe 24 TP
= Total 60.20 CHF
Literatur
- Expertenbrief der SGGG No 73 (ersetzt No 47)
- AWMF Leitlinie «Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen», S2k-Leitlinie, AWMF-Registernummer 093/001
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Autor: J. Kohl, B. Suter Buser
Unter Mitarbeit von M. Büttcher, G. Gül
Version: 30.04.2023